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Rum, Tee, ein riesiger Stein und eine Panne

kuba-cuba-santiago-ron-matusalemEs ist leider unumgänglich, noch einmal sinnstiftend auf Alkoholika einzugehen. Auch hier ist Santiago eine Wiege der Weltkultur. Eine der weltweit bedeutendsten Rum-Labels kommt aus Santiago, ursprünglich jedenfalls.
Es war einmal ein spanischer König, der hatte einen sehr fähigen Hofarzt. Eines Tages stöhnte der König wehleidig und sprach also: Gib mir etwas gegen meine Grippe. Es soll dir zum Lohne gereichen. Der kundige Hofarzt entfernte sich untertänigst und kam auch so zurück – mit einem Gläschen Rum. Der König trank´s und erlebte eine legendäre Genesung.

Die Medizin kam aus Kuba, aus Santiago, gebraut von der Familie Bacardí. Ihr Flaschenemblem wurde eine goldene Fledermaus auf rotem Grund. Auf dem großen Friedhof von Santiago prangt noch das monumentale Mausoleum der Familie, die allerdings geldrettend vor der anfänglich akzeptierten Revolution nach Puerto Rico flüchtete. Heutzutage ist auch bei uns der „revolutionäre“ und angeblich rezepturgleiche Nachfolger-Rum auf dem Markt: Havana Club.  „Rum“ kommt wohl vom englischen Wort „rumbullion“, Krawall, eine Situation, die entstehen kann, wenn die Medizindosis zu groß ist. Mein gesundheitlicher Favorit war allerdings Ron Matusalem Añejo Superior, leicht karamelliger Zuckerrohrgeschmack - lecker! Damals USD 3,80 die Flasche. Lange lebte sie nicht.


Aber das mit dem Tee ist mir bis heute peinlich, wirklich.
Als ich mit Roberto durch die Straßen von Santiago schlenderte, sah ich ein großes Türschild: „Infusiones“. Oh, sagte ich zu Roberto, hier kann man sich medizinische „Einläufe“ geben lassen? Die freie medizinische Versorgung Kubas wurde ja mit Recht gerühmt.
Ja, erwiderte Roberto verschmitzt, können wir auch mal reinschauen.
Toll, dachte ich, öffnete die Tür und ein herrlicher Duft von Tee kam mir entgegen. An kleinen Tischen saßen Kubaner und tranken....Tee. Verdutzt drehte ich mich um und sah Roberto fragend an. Der lachte und erklärte: Es una casa de té – ein Teehaus. Oh, ich Idiot, wie peinlich. War mir doch nach fast einem Jahr Lateinamerika zuvor das Wort „infusiones“ nicht recht untergekommen. Das waren Kräutertees! Schlichte Kräutertees! Ich bin wahrlich kein Tee-Fan, aber der Duft war zu animierend, also setzten wir uns und probierten verschiedene Tees, mal was anderes als Alkoholika. Und so gesund, vor allem die Varianten mit einem Schuss Rum, auch erhältlich und so kubanisch, wenn man den Tee vergisst.
Tee - vielleicht auch ein Einfluss der Chinesen auf Kuba. Diese Chinesen gab es auf der Insel auch, wie überall auf der Welt als Einwanderer, so auch verstreut in Lateinamerika und der Karibik. Sie kamen einst über den Pazifik und schufteten zuerst als bettelarme Arbeiter auf dem Land oder im Bau von Eisenbahnstrecken und Straßen. In La Habana hatten ihre Nachkommen sogar noch eine auflagenschwache, aber eigene Zeitung – sogar in chinesischen Schriftzeichen (siehe hier). Die Kubaner scheinen ihr Naturell aber nicht sonderlich zu schätzen. Es hieß, Chinesen hätten statt Blut Lindenblütentee in den Adern.


-santiago-gran-piedraDie nächste Panne war materiell, nicht individuell. - Wir fuhren zum „Großen Stein“. Von Santiago aus ein Steinwurf entfernt. Der „Gran Piedra“ ist ein riesiger abgerundeter Felsmonolith, in den Bergen nahe Santiago, weithin sichtbar. Letztendlich nur zu Fuß erreichbar, jedenfalls damals.
Aber zu Fuß? In der Hitze? Nach den Cocktails gestern abend, wieder einmal? Musste das sein? Kein Asphalt natürlich, sondern Lehmpiste. Gehen wir? - No, no, sagte Teo, mein Lada schafft das. Selbstbewusstes Lächeln. Eine neue Zigarre, energische Miene. Roberto: Deine Verantwortung! Teo: No te preocupes – Keine Sorge. No hay problema!
Der Lada spielte Jeep. Teos Zigarre wippte, nein, sie tanzte, fiel runter. Roberto klammerte sich fest, ich mich noch fester. Teo schaltete und waltete, sehr gefühlvoll aus dem einen Lehmloch ins andere, fast rhythmisch und schwungvoll sensibel langsam. Teo zeigte seine Künste, fast schon ein Stunt.
Oben, endlich oben, geschafft. Fast. Doch nicht ganz oben auf den „Großen Stein“, dazu kletterte ich noch weiter, die Aussicht von oben war grandios. Dann wieder runter, so viel Schweiß hatte ich selten abgegeben. In der Hitze. Roberto und Teo hatten klugerweise auf diese letzte Tropengymnastik verzichtet.
Die Lehmlöcher der Rückfahrt waren fast eine Erholung, auch geschafft, Teo blickte triumphierend: Na, habe ich es euch nicht gesagt!! Zufrieden eine neue Zigarre. Roberto sah sehr erleichtert aus. Ich nuckelte nicht weniger beruhigt an einer Zigarette. Auch der Lada lief wieder ruhig, entspannt  und glatt auf Asphalt Richtung Santiago, der gute Lada.


kuba-cuba-santiago-panneDann plötzlich ein Ruck, der brave Lada stand, nein, er lag, die Vorderbeine verquer, wie ein Kamel, das sich niederlegt. Teo starrte, Roberto blickte ihn vorwurfsvoll an, ich blickte gar nicht intelligent. Also gut – eine Panne – Wagen im Eimer. Achsenbruch. Der Lada schien tödlich beleidigt. Was nun?
Ein Warndreieck hatte Teo nicht. Mit Roberto organisierte er Baumäste, die aufgerichtet als Warnung dienen sollten. Dann gingen wir zu Fuß in die Stadt und zum Hotel. Fast schweigsam.
Teo war sehr bedrückt, denn er war für den Wagen verantwortlich, Roberto war irgendwie sehr sauer, ich wartete ab. Ende der Staats-Reise? Keineswegs. Den guten Teo sah ich allerdings nicht wieder, leider. Der Wagen musste repariert werden, das würde dauern, mindestens eine Woche. Roberto telefonierte und telefonierte. Die Hotels auf der Reise waren ja ziemlich genau vorgebucht und alles musste plangemäß weitergehen. Also musste ein neuer Wagen her – mit einem neuen Fahrer. Das klappte auch recht schnell, ich war erstaunt.

 

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