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Stichworte Tagebuch: Busfahrt von Cuenca nach Machala, nahe der Grenze zu Peru. Anstrengende Fahrt, Straße fast durchgängig nicht asphaltiert, tausend Schlaglöcher,  aber großartige Panoramen,  Blicke in tiefe Canyons.  Machala ist unerträglich heiß, aber trockene Luft. Wir erwischen gleich einen Bus nach Huaquillas, direkter Grenzort zu Peru. Es ist spät und Hotel ist nötig: Hotel Internacional, wie so oft in Lateinamerika ein fetter Name für magere Unterkunft: Zimmer ohne Fenster, na ja, wir wollen es ja auch billig - es riecht penetrant nach Desinfizierung, auf einer Plastikflasche  in der Zimmerecke steht: contra hormigas – gegen Ameisen.  Essen in einem China Restaurant – die Chinesen sind wirklich überall, lassen kein Land der Welt aus, meist schmeckt es passabel, hier aber weniger. Doch wir haben Hunger. Masse ersetzt Klasse.  Am Nebentisch ein Deutscher aus München, seine Begleiterin  aus Toronto, kommen aus Gegenrichtung, wir sollen unbedingt Chan-Chan sehen, sagen sie. Machen wir auch später. – Nächsten Morgen Geld wechseln, viele Geldwechsler an Straße. Dollar zu Soles, wir haben von ihren Tricks erfahren, alte Scheine werden unter neue geschmuggelt, doch wir prüfen die schmuddeligen Notenbündel genau nach. Keine Tricks mit uns. – Zu Fuß über Grenze inmitten des Ortes.  Ausreise Ecuador ohne Probleme, bei Einreise Peru müssen wir unsere Geldresourcen angeben. Man will  sicherstellen, dass wir genug haben um auch wieder ausreisen zu können.  Glücklicherweise erwischen wir gleich einen Bus nach Tumbes.

 

 

  peru-tumbes-puertopizarro Noch im Bus lernt Emilio eine junge Peruanerin aus Tumbes kennen - Lidia. Er blüht richtig auf und ist in der folgenden Nacht nicht auf unserem Hotelzimmer. Ich gönne ihm das, zumal ich starke Kopfschmerzen habe. Am nächsten Morgen taucht er mit Lidia wieder auf. Sie gibt uns einen Tipp zu einem Tripp: Pizarro. peru-tumbes-puertopizarro
  peru-tumbes-puertopizarro Der Name des Strandortes erinnert an den spanischen Eroberer, der wohl hier auf seiner ersten Reise 1528 landete, aber erst wenige Jahre später seinen Feldzug gegen die Incas antreten konnte. Emilio konnte jedenfalls bei seiner Eroberung ohne Probleme landen. Die lustige Lidia ging wohl auch einem historisch sehr alten Nebengewerbe nach. Aber in sozial sensibler Manier. peru-puertopizarro

 

     
  peru-trujillo_sol_y_luna Wenige Kilometer außerhalb Trujillos am Rande des Río Moche - Tales (r.) erhebt sich die große Huaca del Sol (l.), eine Pyramide ganz aus Lehmziegeln. Zusammen mit der Huaca de Luna war sie ein Zentrum der Mochica-Klultur, die lange vor der Eroberung durch die Incas hier ihren Höhepunkt hatte. Wie an so vielen dieser Adobe-Pyramiden sah man große Löcher, die Grabräuber, die Huaceros, auf der Suche nach Schätzen hier hinterlassen hatten. Heimlich wurden uns auch kleine Figuren angeboten. Ich kaufte eine münzgroße. Ob sie echt ist? peru-trujillo-sol-y-luna

 

  peru-pacasmayo Noch abends nach Pacasmayo, lassen Gepäck im Hotel in Trujillo zurück, wir sitzen gefaltet wie Mumien hinten im Minibus-Collectivo. Emilio hat Nerven, schläft ein, ich muss ihn am Ziel wecken. In Pacasmayo stressige Hotelsuche für eine Nacht. Alles dicht? Letzte Rettung Hotel "Peru", 2 rostige Bettgestelle, sonst Schmutz, das Klo: Dantes Inferno. peru-pacasmayo
 

Erhebung hinten ist die Pyramide Dos Cabezas, zu deren Füßen aufgewühlte Gräber durch Tiere oder Grabräuber, gut erhaltene mumifizierte Leichenteile, Haar- und Stoffreste. Makaber. 

Früh morgens raus aus der Unterkunft, bezahlt, bloß weg. Ziel ist das Runienfeld von Pacatnamú beim Ort Jequetepeque, entpuppt sich als Flop: nur völlig abgetragene Adobemauern. Wir lernen aber einen typischen peruanischen Küstenbereich kennen. Wüste direkt am Meer, grauer Sand überall, etwas grün ist es nur im Tal des Río Jequetepeque. Holzhütten voll mit feinem graubraunem Staub hier und da in Strandnähe. Eine alte verwirrte Frau in Lumpen vor einer Hütte, schwarzgraue Schweinchen neben ihr, der Kieselstrand übersäht mit Strandgut, gebleichten Fischskeletten, braunem Tang. Heftiger warmer Wind fegt über alles hinweg. Interessant die Pyramide (Huaca) Dos Cabezas (l.) - in deren Nähe menschliche (alte?) Skelettreste im Sand, zwei Schädel so klein, von Kindern? Die Zähne sprechen dagegen.

 

     
  peru-chan-chan Nur wenig nördlich von Trujillo erstreckt sich auf rund 20 qkm die einstige Hauptstadt der präinkaischen Kultur der Chimú, Chan Chan, der größte archäologische Stadtkomplex aus Adobe-Lehmziegeln in Amerika. Chan bedeutet Sonne. Die Mauern der schachbrettartig angelegten Viertel waren bis zu 12 m hoch, unten oft mehrere Meter dick, erdbebensicher. Bis zu 100 000 Bewohner sollen hier im 14. Jh. gelebt haben. Köln hatte etwa zur gleichen Zeit als größte Stadt im deutschen Bereich rund 40 000. Wie die restaurierten Lehmreliefs u.a. von Fischen, Pelikanen und Booten zeigen, gewann man die Hauptnahrung wohl aus dem Meer. Knieend in Schiffchen aus Tortora-Schilf (r.u.), den Caballitos (Pferdchen), die heute noch sportlich benutzt werden. Nicht nur Wind und der seltene Regen haben die Adobe-Strukturen zerstört, in den Jahrhunderten nach der spanischen Eroberung wurde durch Grabräuber eifrig nach vermeintlichen Schätzen gebuddelt.  
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Das überlebenswichtige Wasser kam über ein ausgeklügeltes Kanalsystem aus den Bergen und wurde in Bassins gesammelt. Schon die erobernden Incas zerstörten wohl das System um 1470 und damit die Macht der Chimú.

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Die Fahrt von Trujillo nach Chimbote weiter südlich an der Peruanischen Pazifikküste werde ich kaum je vergessen.  Es waren nur rund 110 Kilometer, aber die hatten es in sich und nicht unbedingt wegen der Straße. Der grundlegende Fehler war, im Hotel  zu fragen, ob es denn ein Taxi oder Collectivo gab, das uns ganz früh nach Chimbote bringen könne. Na klar, meinte der Mann an der Rezeption, sein Schwager müsse ganz früh geschäftlich dorthin, zwei Leute könne er mitnehmen in seinem  Wagen, kein Problem. Allerdings schon um 5 Uhr.  Ziemlich früh, aber wir nicken zustimmend. Er telefoniert und nickt auch – alles klar.
Um 4.30 heftiges Klopfen an unsere Zimmertür. Jemand ruft: Vamos - Los! Es ist der Schwager und er ruft noch mal energisch: Vamos! Emilio antwortet etwas verunsichert: Sí, sí und wir ziehen uns überstürzt an und packen hastig zusammen.  Unten an der Straße – es ist noch  dunkel,  eine Straßenbeleuchtung gibt es nicht, nur schwaches Mondlicht durch dünne Wolken – parkt ein recht großes Vehikel, das wie ein amerikanischer Oldtimer aussieht. Die Heckhaube ist hochgeklappt und der  Kofferraum quillt über von Säcken, befestigt mit einem Gewirr aus Stricken.  Wir steigen schnell hinten ein und ziehen unser Gepäck nach. Der Wagen schwankt verdächtig. Emilio schaut mich zweifelnd an, sagt aber nichts. Der Schwager sitzt schon vorne, schaut grinsend nach hinten, nickt und sagt so etwas wie: Bien, bien, vamos. Beim dritten Mal springt das Gefährt an.
Es ist noch nachtkalt, es zieht, der Wagen ist undicht, es scheint eine Schrottkiste zu sein. Der Schwager hat sein Fenster auch noch unten, seinen linken Arm draußen und trommelt den Rhythmus zu einem Lied, das er summt, auf das Wagendach. Und das bei bald 100 kmh in der Dunkelheit. Ich beschwere mich, es sei zu kalt, er murmelt etwas und er zieht mit der linken Hand die Fensterscheibe hoch, so hoch es geht. Gottseidank auf gerader Strecke. Die Scheibe gehorcht nicht und fällt wieder runter. Es bleibt zugig kalt. Der Wagen läuft zwar ruhig, die Federung ist gut, doch in einer Kurve geht die hintere Tür, an der ich sitze, plötzlich auf. Ich ziehe sie erschrocken wieder zu. Gut, dass ich meine Reisetasche reflexartig festhalten konnte. Emilio ist nicht weniger alarmiert und ruft: Stop! Der Schwager fährt rechts ran und hält. Er kramt  im Handschuhfach und zieht ein dünnes Seil hervor und bindet damit und mit entschuldigender Miene die Hintertür fest.
Es ist schon etwas hell geworden. Bevor wir wieder losfahren, sehen wir, dass sich die Decken auf dem Vordersitz neben dem Schwager bewegen. Wir dachten, er hätte hier weitere Säcke gelagert, jetzt aber kommen Köpfe zum Vorschein, erst ein Jungenkopf, dann ein Frauenkopf, beide blinzeln verschlafen. Mi mujer, meine Frau, gibt uns der Fahrer stolz zu verstehen und fordert den Jungen auf, Hola zu uns zu sagen. Der aber greift gleich zu einer Tüte voll Süßigkeiten. Wir müssen lachen und dann lachen alle, der Schwager am lautesten, erleichtert, er dreht das Radio auf, flotte Musik, er gibt wieder ordentlich Gas. Nur noch ein paar Kilometer bis Chimbote, ruft er nach hinten.
Draußen gleitet die triste, kahle und sandige Landschaft der peruanischen Küste vorbei. Meine Hintertür geht nicht wieder auf, dafür in einer Kurve die rechte Vordertür, klappt aber selbständig in der nächsten Gegenkurve wieder zu. Kein Grund zur Besorgnis. Die Frau lacht und hält die Tür fest. Wenige Häuser huschen vorbei, der Schwager geht nicht vom Gas, ein Truthahn muss fast daran glauben, schwarze Schweinchen springen quiekend zur Seite.  Dann geht es in voller Fahrt durch eine Sandverwehung auf der Asphaltstraße. Der Schwager hält das Lenkrad unerbittlich starr. Eine Wanderdüne hat ihren Finger ausgestreckt, nicht energisch genug, um uns zu stoppen. Manchmal müssen Räumbagger kommen, informiert uns der Schwager. Wir haben also Glück an diesem Morgen.
Ungläubig schlagen wir drei Kreuze, als wir in Chimbote ankommen, erleichtert und dankbar, denn wir leben noch. Wir zahlen erstaunlich wenig  für den Trip  und der Schwager fährt hupend weiter. Seine Mujer winkt aus dem Fenster zum Abschied. Die Tür hält sie hoffentlich ausdauernd zu.

 

 

 

Chimbote stinkt. Und zwar nach Fisch. Die Peruaner sagen, man riecht die Stadt Chimbote lange bevor sie zu sehen ist. Die Fischmehlfabriken setzen ihre Duftmarken. Sauberkeit ist hier wohl auch ein Fremdwort. Jedenfalls in den Hotels der unteren Preisklasse. Ein Hotel heißt auch noch La Santa, die Heilige, ist aber profan ungepflegt. Alles belegt. Wir suchen weiter. Endlich, Hotel Turistas, das letzte Zimmer, Betten wie Hängematten, die Tür schließt nicht, mein mitgebrachtes Nummernschloss kommt zum Einsatz. Vorausschauender Pessimismus zahlt sich aus. - Wir wagen uns trotz Fischgeruch auf die Straßen. Natürlich sind wir nicht im besten Viertel der Stadt, doch in einem unscheinbaren Restaurant gibt es etwas Leckeres – Fisch!!  Wir sitzen an einfachen Holztischen, abgeteilt durch Holzwände. Neben uns ein Australier, der vergeblich ein Hotel sucht. Wir nehmen ihn mit und schmuggeln ihn in unser Zimmer, unbemerkt, und am nächsten Morgen wieder unbemerkt hinaus. Völkerfreundschaft.

 

 

 

Bloß raus aus Chimbote und gen Süden, sonst setzen wir noch Schuppen an. Ich schlage vor: per Anhalter. An einer Tankstelle versuchen wir es. Es bleibt beim Versuch. Ein paar Meter weiter stehen zwei Mädchen und winken ebenfalls - erfolgreich -  doch für uns hält keiner. Machos! denke ich. Also per Taxi nach Casma, 200 Kilometer, mittlerer Riss in der Reisekasse. Von dort klappt es per Autostopp zu den nahen rätselhaften Ruinen von Sechín.
Sechín: In Steinpatten eingravierte Figuren geben immer noch einige Rätsel auf. Sind hier Kriegerhäuptlinge oder Priesterkönige dargestellt? Auf vielen Steinen sind auch zerstückelte Menschen eingeritzt, oft nur einzelne Organe oder Gliedmaßen, Köpfe, Rückgrat, Gedärm, stilisierte Blutströme. Wurde hier eine Schlacht verewigt mit stolzen Siegern und Besiegten? Abgetrennte Köpfe wurden in vielen frühen Kulturen Amerikas als Siegestrophäen aufbewahrt. Oder stellten sich Priesterkönige dar mit den Geopferten, die wegen einer Dürrekatastrophe oder eines vernichtenden Erdbebens die Götter besänftigen sollten? Fast kommt man auf den makabren Gedanken, dass Körperteile als so wichtig dargestellt wurden, weil sie aus Not beschworen und verzehrt wurden. Ach wo - sicher nur eine Machtdemonstration.  -  Selbst spekulieren ist immer das Schönste.

 

 
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