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guadalajara-katedraleQuickstep in Guadalajara


Quickstep – so nennen es die US-Amerikaner umgangssprachlich und treffen damit den Nagel auf den Kopf. Es klingt wie ein schneller Tanz und das ist es auch: In schnellem Schritt zur Toilette und zurück das den ganzen Tag und die ganze Nacht, mindestens drei Tage und Nächte lang - wenn man Glück hat.
Ich hatte weniger Glück in Guadalajara mit diesem unvermeidlichen Durchfall, der wohl jeden länger reisenden Touristen in Lateinamerika trifft, egal wie vorsichtig er mit dem Essen ist. „Montezumas Rache“ traf mich sechs Tage lang, obgleich ich nicht einen einzigen Azteken ausgerottet hatte. Andererseits hatte ich das Glück ein Zimmer mit Klo zu haben, was in meinem preiswerten Hotel eine Ausnahme war. Alle dreißig Minuten durch einen Gang zu rennen, um ein Gemeinschaftsklo zu erreichen und dort eventuell noch zusammengekniffen warten zu müssen, wäre die wahre Rache der Azteken gewesen.
Die Angestellten des Hotels, Spät-Nachkommen von Aztekinnen und einsamen Conquistadoren, kannten nur christliche Nächstenliebe. Und viele todsichere Rezepte. Die Köchin Matilda setzte mir ungefragt eine höllisch scharfe Gemüsesuppe vor die Nase. Ich war zu schwach sie zu fragen, wie viel Pfunde Chili sie hineingetan hatte. Mir trat der Schweiß auf die Stirn, mein Gesicht brannte und ich vergaß alle anderen Regungen. Enrico von der Rezeption schwor mit ernster Miene auf Tequila mit viel Salz, schluckweise stündlich. Das half, die Zeitspannen zwischen den Klogängen erheblich zu verkürzen – vor allem aber, sie beschwingt und optimistischer zurückzulegen. Ein netter US-Amerikaner wusste es auch genau: Coke und Salzgebäck – Everything else is shit. - So war es, wortwörtlich.
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Wenn ich mich aus dem Zimmer wagte, fragten mich alle besorgt und mit einem leichten Grinsen, wie es mir ginge und klopften mir aufmunternd auf die Schulter. Sechs Tage lang - und als es mir am siebenten Tag besser ging, strahlten sie fast wie der HERR nach der Schöpfung: Na siehste, hombre, es war gut. Und hat geholfen. Aber es waren nicht ihre Tipps, sondern wohl die großen braunen Dragees, die mir die netten Zimmermädchen (Foto) aus einer Apotheke besorgten. Oder einfach die Zeit.
Nach den kräftezehrenden Roundtrips zwischen Bett und Klo ruhte ich mich zwei Tage aus und flüchtete dann an die Pazifikküste, abgehärtet wie ich jetzt war und hoffentlich immun gegen weitere Rachen der Azteken. Quién sabe!

 

 

 

 

Abhängen in La Barra, Pazifikküste

guadalajara-bahnSo oft ich die Gelegenheit hatte in Lateinamerika, nahm ich die Bahn, dort ein viertklassiges Transportmittel und noch preisgünstiger als der Bus, aber recht selten. Mexico verfügt über noch relativ viele Bahnstrecken. Jetzt ging es über Colima nach Manzanillo an der Pazifikküste, eine gemütliche Fahrt mit einem gemütlichen Ticket-Kontrolleur, der seine Körperrundung deutschem Bier verdankte, wie er augenzwinkernd erzählte. Seine „mujer“ war Putzfrau bei einer deutschen Familie in Manzanillo. Buen hombre sei der Deutsche und zahle gut. Na, und so was: Beckenbauer war ihm auch ein Begriff. Die Weltmeisterschaft 1970 in Mexico hatte er noch in guter Erinnerung. Das Spiel Deutschland-Italien erlebte er im Stadion. Ein Höhepunkt in meinem Leben, schwärmte er mit Glanz in seinen Augen.
Ich saß im letzten Waggon, meist leer, nur zwei junge Frauen fuhren die gesamte Strecke mit, beide aus Schottland und beide Künstlerinnen, Malerinnen, die drei Monate an der Pazifikküste bleiben wollten, um die Sonnenfarben einzufangen, wie sie sich ausdrückten. Die eine hatte ihren Fuß neben sich auf den Sitz gelegt, ein Prothese, die sie immer abschnallte, wenn es die Umgebung zuließ. Beide waren lesbisch, wie sie durchblicken ließen. Mal sehen, lachte die andere, vielleicht werde ich am Strand auch wieder mal ein wenig bi.
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Von Manzanillo nach La Barra musste ich ein Collectivo nehmen, ein Sammeltaxi, in diesem Fall einen Kleinbus. PKW-Collectivos waren mir eigentlich lieber, da hier eine Unterhaltung leichter in Gang kam. Der Kleinbus setzte die Fahrgäste an ihren gewünschten Zielpunkten ab, mich fuhr er bis zum Hotel La Barra direkt an einem Strand.
Da es früh dunkel wurde, zündeten einige kleine Lagerfeuer entlang des Strandes an, keiner hatte etwas dagegen, wenn ich mich dazusetzte. Hin und wieder spielte jemand Gitarre, die Rumflasche kreiste und – wie nicht anders zu erwarten – auch die Joints. Nur ein einziges Mal passte ich beim Rum nicht auf und am nächsten Morgen beim Frühstück hieß es: Arn, du hast aber sehr laut gesungen, und immer nur lalala.
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Für die wenigen Tage in La Barra lernte ich eine Menge Leute kenne, meist US-Amerikaner, auch einige, die dort lebten. Joe beispielsweise, der eine kleine Werkstatt für Motorräder betrieb. Seine Frau war ihm allerdings abgehauen, mit einem Mexikaner. Und wohin, wollte ich wissen. No idea, aber der Kerl hat eine Yacht, erklärte er achselzuckend. Es ließ ihn kalt, denn er hatte schon eine neue Freundin, eine Mexikanerin.
Da war auch noch dieser vollbärtige Mensch aus Texas. Ich kaute gerade auf einer etwas harten Empanada herum, als das Gespräch der Tischrunde auf Gott kam. Ich Atheist ahnte schon Böses. Halt dich da raus, sagte ich zu mir. Es gelang mir nicht, denn der Texaner meinte ganz ernsthaft, Gott habe die Welt ein paar tausend Jahre vor Christus erschaffen. Und die Menschen gleich so wie sie sind. Ich wies ihn auf die Evolutionsforschung hin. Er zitierte die Schöpfungsgeschichte. Ich erwähnte Millionen Jahre alte Knochen. Er gab der Bibel recht. Und ich gab auf.
Ein Strandfreak bin und war ich nicht, ich war nicht zum Baden auf meinem Panamericana-Trip. Auch hier machte ich mich nicht nass – außer unter der Dusche, obgleich das auch unangenehm werden konnte. Nicht wegen dem meist lauwarmen Wasser, sondern wegen einem Einheimischen, einem Skorpion, der mir auf die Schulter plumpste. Nichtsahnend wischte ich ihn einfach weg und sah gerade noch, wie er beleidigt in einem Loch verschwand. Doch ein gelinder Schreck blieb. Von da an blickte ich beim Duschen erst einmal nach oben.

Die Zeit in La Barra verkürzte sich unversehens. Zwar bahnte sich etwas mit einem hübschen Mädchen an, doch plötzlich ging das Gerücht, es drohe eine Polizei-Razzia wegen der Drogen. Ich hatte in den wenigen Tagen zwar keine harten Drogen kennengelernt, war aber vorsichtig, packte meine Sachen, verzichtete auf die vorausgezahlte Hotelrechnung und nahm den erstbesten Bus zurück nach Guadalajara.

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