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Ländliches Kuba - weiter nichts

Der Sonnenaufgang am nächsten Morgen war so schön, dass er nur auf Bildern kitschig wirken würde. Wenn man diesen aufsteigenden Glutball, wie helles, frisch geschmolzenes Metall, erlebt, vollkommene warme Stille ringsum, den salzigen Duft des Meeres in der Nase, wird man es den Gehirnzellen nicht verübeln, wenn sie alles für immer speichern. Und man versteht die Sonnenanbetung der alten Völker, die traurig waren, wenn die Sonne sich abends noch viel dramatischer und blutrot verabschiedete.
Nun, ich fiel nicht auf die Knie, dankte jedoch den Santería-Göttern, dass ich so früh aufgewacht war. Denn sonst auf der Reise hatte ich regelmäßig den Sonnenaufgang schlicht verpennt.
In dieser Nacht konnte ich jedoch schlecht einschlafen. Es blieb schwül und die Klimaanlage hatte ihren Geist aufgegeben, aber das war sonst auch kein Hindernis für meinen gesunden Schlaf. Sollte es an dem blutigen Rumcocktail liegen? Als ich schließlich doch einschlief, hatte ich diesen Traum: Hühner tanzten flügelschlagend einen seltsamen Tanz, im Kreis um einen blutigen kopflosen Hahn, der plötzlich aufflog und mir mitten ins Gesicht. Davon wachte ich auf. Ohne Angst, konnte aber nicht mehr einschlafen – die Götter gönnten mir nach dieser Strafe die Güte des Sonnenaufgangs.
Schon im Lada und auf der Weiterreise versuchte ich den Traum zu erzählen und mit Robertos Hilfe gelang radebrechend eine Version, die auch Pedro verstand. Robertos Reaktion war - fast – eindeutig: Er zog belustigt die Mundwinkel hoch. Pedro konnte nicht darüber lachen. Er blieb ernst. Über die Schulter gab er mir zu verstehen: Na ja, die Santería, aber wir Kubaner glauben nicht mehr an sie, es gibt keine Götter und keine Wahrsagerei, wir sind Sozialisten. Ob das bei dem ernsten Gesicht für ihn so stimmte?
Es ging flott weiter, Dörfer huschten vorbei, in zwei oder drei machten wir Pause. Überall eigentlich das gleiche Bild, vielleicht war ich auch schon etwas übersättigt. Die typisch kubanische Palme machte auf mich immer wieder Eindruck: gerader mächtiger Stamm wie ein grauer verlässlicher Pfeiler aus Beton und oben auf grünem Ende die ausladende Blätterkrone – eben die Palma Real, die Königspalme (l.u.), Wahrzeichen Kubas in seinem Wappen. Die Barrigona-Palmen hatten einen in der Mitte verdickten Stamm – als ob sie schwanger wären.

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Ab und zu hielt Pedro und nahm jemanden mit, der am Straßenrand winkte. Das war üblich und fast schon eine Gewohnheit im autoarmen Kuba. Mir fiel allerdings auf, dass Pedro, der Familienvater, ungewöhnlich oft hielt, um Mädchen mitzunehmen. Ich hatte nichts dagegen, denn die kamen auf die Rückbank und setzten sich neben mich. Konversation mit mir war allerdings spärlich, denn sie schnatterten sofort ungeniert drauf los. Roberto und Pedro blühten aber auf, hatten viel zu sagen, ich verstand leider zu wenig, traute mich auch nicht, dauernd nachzufragen, Roberto vergaß zusammenzufassen.
Die meisten Bohios, die palmenstroh-bedeckten Bauernhütten, waren weiß gekalkt, und oft daneben, viel bunter, hingen Kleidungsstücke auf Plastikleinen. Hin und wieder sah man eine Guajira, eine Bäuerin, die von der Sonne schnell getrocknete Wäsche einsammelte.
Irgendwann stiegen wir nahe einer Siedlung aus, um uns die Beine zu vertreten. Die Kinder, die ich hier sah und aufnahm, scherten sich nur kurz um den Fotografen. Sie lachten mich nur gedankenverloren an und waren schon wieder ins Spiel vertieft. Einige spielten Murmeln, wie ich in den 50er Jahren. Nicht mit Glasmurmeln, mit farbigen Holzmurmeln. Wer dem Ziel am nächsten kam, kassierte alle Murmeln für sich, wie damals bei uns. Einfache Kinderfreude im einfachen Kuba.

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kuba-cuba-bauer-ochsenkuba-cuba-gespann Die Bauern, die wir trafen, machten eine Knochenjob, winkten aber lässig.  Ihre Arbeit schien durch moderne technische Hilfsmittel noch wenig erleichtert zu sein.  Traktoren sah ich sehr selten. Vor den Wagen und Karren trabten meist Ochsen, stoisch langsam und bedächtig. Sisal-Pflanzung (unten)

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Aus dem Zaza-Stausee (l.u.) bei Sancti Spiritus ragten noch die weißen Leichen gefluteter Palmenwälder, gebleicht in tropischer Sonne. In den nahen Escambray-Bergen wird das grüne Kuba noch grüner - eine grandiose Landschaft mit weichen Weidehängen und bukolischen Ufern des Hanabanilla-Stausees. Aber auch einer noch wenig zugänglichen Bergwelt, in der die letzten Gegner der Revolution Widerstand leisteten. Auch später musste noch Überzeugungsarbeit geleistet werden - die Bühnentruppe "Escambray" versuchte die Skepsis der dort auch siedelnden Zeugen Jehovas theatralisch zu mildern.

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