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Cienfuegos, Jagua und die Straße der Krebse

Zerschossene Panzer vor dem geistigen Auge und hartnäckiges Kroko-Fleisch im Bauch saß ich jetzt im Lada, als es weiterging nach Cienfuegos. Der Strecke, die wir jetzt benutzten, will ich mal wohlwollend die Bezeichnung Straße geben. Hier und da blickte etwas Asphalt durch und Teos Zigarre wippte nicht, sie tanzte.
Er versuchte zwar ab und zu, sie für die vielen Flüche aus dem Mund zu nehmen, griff aber allzu oft daneben oder sie landete an seiner Wange.
Ein Königreich für einen Jeep! Ob der brave Lada das durchhalten würde? Schließlich die Erlösung: ein Straßenbautrupp! Glatter Asphalt als Rettung. Erleichterungs-Seufzer von Teo, denn schließlich war er für den Wagen verantwortlich. Der Lada vergaß das Martyrium aber anscheinend nicht, ganz im Osten präsentierte er die Quittung, aber davon später.
kuba-cuba-cienfuegos-palacio_valleCienfuegos, „Hundert Feuer“, entflammte nicht gerade mein Interesse. Die vielen Arten von Bambus im Botanischen Garten  waren allerdings sehenswert, besonders aber der Affenfallenbaum, Trampa de monos, mit dessen Samen man angeblich früher Affen und wilde Hunde fing. Sie steckten ihren Kopf in die trockene Frucht, um an den Samen zu gelangen, konnten ihn aber nicht mehr herausziehen.
Im Palacio Valle (rechts) aßen wir zu Mittag. Mir gefiel das Gebäude, in überwiegend maurischen Stil Anfang des 19. Jh. von einem spanischen Krösus erbaut. In diesem Stadtteil Punta Gorda gab es noch so manches schöne, aber vernachlässigte Haus aus der Vorrevolutionszeit, als dieser Teil von Cienfuegos den Wohlhabenden vorbehalten war.

kuba-cuba-cienfuegos-holzhaus

Unser Hotel Pasacaballos weiter südlich der Stadt an der schmalen Zufahrt zur mächtigen „Beutel“bucht von Cienfuegos hatte eine große Eingangshalle. Als ich mir an jenem Abend noch einmal die Beine vertreten wollte, flimmerte auf einem Fernseher in einer Ecke der Halle das Bild von Fidel Castro. Das Staatsfernsehen übertrug eine Rede von ihm. Fidel gestikulierte schwungvoll, hob allzu oft seinen Zeigefinger, stemmte sich gewichtig auf sein Rednerpult, eigentlich sehr eindrucksvoll. Ich wusste, Castro hatte Mussolinis Rednerstil studiert. Der italienische Diktator  war ja ein Meister dramatischer Gestik, in der Wirkung oft etwas lächerlich. Castros Gestik wirkte etwas natürlicher.
Anscheinend für die Kubaner in der Halle nicht hochinteressant. Sie latschten vorbei, drehten nur kurz ihre Köpfe zur Mattscheibe, nur wenige blieben stehen, alle zeigten Pokerfaces. - Später erfuhr ich, dass Castro auch den Spitznamen Märchentante hatte. Die Kubaner waren nun schon über 20 Jahre beredet worden, ihre Situation hatte sich aber wohl nicht wesentlich verbessert. Ihre Reaktion vermutlich: Lasst ihn doch reden. Mimische Kommentare wollten sie jedoch nicht zeigen.
Am Nachmittag davor hatte ich ein Boot über die schmale Buchtzufahrt hinüber zum kolonialspanischen Fort Jagua genommen. Einige Boote transportierten auch Arbeiter zum einzigen Atomkraftwerk Kubas, das anscheinend erst im Bau war und später auch nicht fertiggestellt werden konnte. Die Spanier bauten das Fort erst im 18. Jh. -  gegen die Engländer, denn die Bucht von Cienfuegos galt schon damals als der beste Hafen der Insel. Hier an der schmalen Zufahrt war er mit gezielten Kanonenschüssen am effektivsten zu verteidigen.

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kuba-cuba-krebsAm nächsten Morgen startete ein übellauniger Teo den Lada. Roberto nahm mich schon vorher zur Seite. Teo war gestern ganz schön betrunken, flüsterte er mir zu, er wollte ein Mädchen anmachen, ist aber abgeblitzt worden.  - Ich hatte nichts mitgekriegt, da ich früh zu Bett ging.
Gut, Teo musste mit Samthandschuhen angefasst werden. Ich reduzierte meine Rufe: Stopp, ein Foto! Und das war auch gut so, denn bald bot sich ein Hindernis der besonderen Art.
Auf halbem Weg nach Trinidad, dem nächsten Ort, war die Straße plötzlich übersät mit Krebsen. Die Straße verlief in Meeresnähe zu Füßen der Escambray-Berge, wo einst die letzten Revolutionskämpfe stattfanden.
Hunderte von Krebsen hasteten im Eiltempo aus Richtung Meer über die Straße Richtung Berge. Teo stoppte den Lada und nahm sogar seine Zigarre aus dem Mund. Ich stieg aus und versuchte, die Krebse aufzunehmen. Näherte ich mich mit der Kamera, gingen sie in Verteidigungsstellung, streckten ihre Zangen entgegen und richteten sich auf, bereit zuzuschnappen.
Zur Weiterfahrt gab es aber leider keine Alternative. Wir mussten durch, auf der Doppelspur der zerquetschten Krebse, über die weitere krabbelten, rigoros ihrem Instinkt folgend. Keiner konnte den Krebsgang, hier vorwärts gerichtet, aufhalten. Auch Roberto und Teo zeigten Mitgefühl, das Knacken der Panzer konnte man im Lada hören. Keine schönen Geräusche auf rund hundert Metern.
Bald darauf kam Trinidad in Sicht, das koloniale Schmuckkästchen Kubas.

 

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