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Die Schweinebucht – einst heftig umkämpft

Bleiben wir bei den Tieren. Vom Krokodil zum Schwein.
Geografisch besteht kein Zweifel: Die große Bucht, an der wir jetzt im Lada entlangfuhren,  von Playa Larga bis hinunter nach Playa Girón, heißt Bahía de Cochinos – Schweinebucht. Man denkt unwillkürlich an Ferkel und Muttersauen. In diesem Falle falsch gedacht!
Roberto klärte auf: Cochinos nennen die Fischer hier auch bestimmte Fische - wie die aussehen, weiß ich auch nicht, vielleicht haben sie einen dicken Bauch, vielleicht grunzen sie.
Er hatte nicht ganz unrecht – es sind Drückerfische und haben eine rundliche Form, sind aber sonst recht schweigsam.
Am Rande der holprigen Straße tauchten eine Menge kleiner Denkmäler mit aufgemalten Gesichtern auf, kubanische Märtyrer, die während der berühmten Schweinbucht-Invasion hier starben.
An dieser Bucht versuchte im April 1961 ein militärisches Aufgebot von US-Exilkubanern die Zuckerinsel zurückzuerobern. Zwei Jahre vorher war Fidel Castros Revolution erfolgreich, US-Eigentümer wurden enteignet, gingen ins Exil nach Florida, meist Miami, und betrieben ihre Rückkehr. Freiwillige stellten die Invasionstruppen, inoffiziell und nicht konsequent unterstützt durch die US-Luftwaffe. Kennedy hatte gezögert. Der erwartete schnelle Erfolg blieb aus, die Kubaner standen zu Castro.
Playa Girón entpuppte sich als sehr ruhiger Ort, wenige Häuser, der Strand durch eine lange Barriere geschützt. Eine große Plakatwand mit heroischer Darstellung empfing uns. Und ein kleines Museum, das Kampf-Relikte von damals eindrucksvoll zeigte: Panzer, Granaten, Landungsboote, Fotos des einstigen Kampfes.
Mit Roberto und Teo sprach ich nicht über die Invasion in der Schweinebucht, das wäre politisch zu sensibel gewesen. Ich war schon froh, dass mir Roberto erklärt hatte, dass Schwein nicht gleich Schwein war. Sie warteten mit Pokerfaces vor dem Museum.

Einen Zeitzeugen konnte ich ausfindig machen, nicht in Kuba, sondern in Frankfurt. Vor Antritt dieser Reise hatte ich das Glück, einen DPA-Fotografen kennen zu lernen, der die Schweinebucht-Ereignisse selbst miterlebt hatte. Für den Reiseführer überließ er mir die hier gezeigten SW-Bilder. Zusammenfassung des "Interviews" mit ihm:

 

In den Nachmittags- und Abendstunden des Tages vor der Schweinebuchtinvasion hörte ich schwere Detonationen aus dem Süden der Hauptstadt. Der Flughafen von La Habana wurde bombardiert, um die wenigen Kampfflugzeuge der revolutionären Regierung zu vernichten. Doch das ging schief. Castro war rechtzeitig informiert und hatte schlauerweise Attrappen aufgestellt.
kuba-cuba-giron-schweinebuchtAm nächsten Tag ging es mitten ins Kampfgebiet, runter nach Playa Girón, wo Invasionstruppen gelandet waren. Man sagte uns: Kommt, wir schaffen euch an die Front, alles ist bereit. - Ganz unbürokratisch, ohne Ausweise, ohne große Kontrolle. Wir wurden in gerade verfügbare Taxis verfrachtet, Cadillacs und andere Marken. Ich saß neben Berichterstattern aus aller Welt, von UPI, Reuter, Tass und vielen anderen.
Als wir ankamen, sah ich die Flakstellungen, schwere MGs in Verteidigungsgräben, zerschossene Panzer am Straßenrand und am Strand Landungsboote, schwer beschädigt oder halb versenkt. Wir konnten uns frei am Ufer bewegen und unsere Aufnahmen machen. Der Kampf hatte sich inzwischen in die Sümpfe verlagert.
Fidel Castro leitete persönlich die Abwehr. Uns wurden dann natürlich die Feldlazarette gezeigt. Die waren improvisiert, klar, in Waggons oder auch in den Bungalows dort hinter dem Strand von Playa Girón. Dann wurden uns die verwundeten Gefangenen vorgeführt, viele noch in ihren Kampfanzügen, insbesondere die großen Fische, die Anführer, einige von ihnen ziemlich geknickt.

kuba-cuba-giron-schweinebuchtWir konnten frei mit ihnen reden. Ich habe ein wenig gedolmetscht. Einige waren durch Machetenhiebe verwundet, denn nicht alle Verteidiger hatten auch Schusswaffen. Da kämpften auch Guajiros, also Bauern aus der näheren Umgebung, neben Milizionären aus La Habana, die natürlich besser ausgerüstet waren. Und eine Menge von Freiwilligen, man hatte ja nicht gewusst, wie viele landen würden, 2000 oder 5000 oder mehr, vielleicht 10000? Das Besondere aber war, und das merkte man auch im Verhalten der Castrosoldaten, dass jeder wusste, er kämpft gegen Landsleute; denn die Invasoren waren ja nicht Fremdlegionäre aus Mittelamerika oder den USA, sondern ausschließlich Exilkubaner.
Wenn ich in ein Lazarett kam, merkte ich kaum einen Unterschied, auch in der Behandlung nicht ... man wusste nicht, wer da auf der Matratze lag, war das Freund oder Feind. Das war es, was mich so beeindruckte: Es gab keine Übergriffe, alle wurden gleichermaßen verpflegt und auch sonst ziemlich korrekt behandelt, sogar die Anführer.
Die Kubaner von heute halten das kaum noch für vorstellbar: Die Verteidiger spendeten Blut, um den Feind, der das ganze System vernichten wollte, zu retten. Das war erstaunlich. Die Invasion scheiterte, weil die kubanischen Invasoren in der Überzeugung angriffen, ihre Landsleute würden mit fliegenden Fahnen zu ihnen überlaufen. Eine völlige Fehleinschätzung. Die meisten Kubaner waren für die Revolution. Castro war natürlich auch vorinformiert und hatte mögliche und bekannte Sympathisanten der Gegenrevolutionäre rechtzeitig festsetzen lassen.
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Nachts ging es dann zurück nach La Habana, wir entwickelten gleich unsere Bilder. Ich habe meine sofort über das Büro von UPI, das die nötigen technischen Einrichtungen hatte, nach New York und von dort zu dpa nach Deutschland übermitteln lassen.
Die gefangenen Kubaner kamen in einen großen Sportpalast, wie ich erfuhr, wo ihnen der Prozess gemacht wurde. Es wurde festgestellt, wer sich unter Batista etwas hatte zu Schulden kommen lassen, sei es Folter, Polizeiterror oder andere Übergriffe auf die Bevölkerung. Nur die wurden an die Wand gestellt. Die anderen wurden ausgetauscht: Traktoren gegen Gefangene. Andere wieder kamen in Umerziehungslager und leben heute noch auf Kuba.

 

 

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