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< 6  Lada flitzt nach Pinar del Río - Teo raucht keine Cohibas   8 Teo trommelt kubanisch - schwarze Schweinchen und ein Flachmann >  

 

Tabak zu Füßen der Orgeln

Der Lada stand schon bereit am nächsten Morgen, Roberto auch, aber verschlafen und unrasiert, Teo zündete würdevoll seine erste Tageszigarre an und klemmte sich dann ohne sie aus dem Mund zu nehmen hinter das Steuer.
Es war so neun Uhr und die Sonne sorgte schon mühelos für ansteigende Hitzegrade. Eigentlich waren die angenehmsten Stunden der Randtropen schon verpasst. Licht und Luft nach aufgehender Sonne in diesen Breiten bleiben unvergesslich. Und wenn in ländlichen Gegenden das entfernte Keckern eines Truthahns sich noch dazugesellt, brennen sich die Erinnerungsspuren stark ein, so stark, dass man beim Kauf von Putenfleisch in der Heimat warme und sonnige Flashbacks erlebt. Der teutonische Supermarkt wird gefühlt randtropisch.
Nach mehreren Startversuchen sprang der Lada wirklich an.
Teo meinte zwar zu wissen, dass die Wagen dieses Typs aus Alemania importiert wurden, dass es zwei Alemanias gab, war ihm aber fremd. Er sprach von Alemania Democrática, meinte also die DDR, sprach vom sozialistischen „Bruderland“. Er dachte , auch ich käme von dort. Als ich ihm erklärte, ich käme aus dem anderen Teil Alemanias, war er verdutzt und nahm seine Zigarre kurzzeitig aus dem Mund.
También democrática? fragte er, auch demokratisch? Sí, sí, antwortete ich.
Roberto schaute scheinbar unbeteiligt aus dem Wagenfenster, Teo war´s zufrieden, schob seine Zigarre wieder zurück in den Mund und paffte weiter - und ich musste und wollte die Feinheiten nicht erklären, denn politische Themen wollte ich ja tabu halten – im Interesse einer guten „Hygiene“ des Reisetrios.
kuba-cuba-valle_vinalesDie Landschaft zog grün und üppig vorbei, viele Tabakfelder, dazwischen große Holzscheunen zum Trockenen der Tabakblätter. Schließlich das Tal von Viñales, ein Zentrum des Tabakanbaus und einer großartigen Landschaft, sicher die  eigentümlichste Kubas.
Vom Parkplatz des weiß-blauen Hotels Los Jazmines bot sich der beste Blick auf die wie Orgelpfeifen aus der flachen Ebene aufragenden bewachsenen Kalkfelsen, die Mogotes. Unten Hütten und Felder in tischflachen Tälern. Kein Wunder, dass diese Berge hier den Namen „Sierra de los Órganos“ haben, die „Orgelberge“.

kuba-cuba-vinales Nichtraucher Roberto erklärte mit gewichtiger Miene und mit erhobenem Zeigefinger:
Der beste Tabak gedeiht auf der Talsohle. Die gleichmäßige helle Farbe der Deckblätter von Spitzen-Zigarren wird unter Spannfolien im Schatten erzeugt. Die besten Blätter einer Tabakpflanze sind die jungen am oberen Ende. Ja, und jede Pflanzerfamilie hat ihre Geheimrezepte, und er, Roberto, wäre ja nicht abergläubig, aber der Vollmond gibt den Blättern besondere Kraft, das hätte ihm ein Pflanzer verbürgt.
Und Fidel , wagte ich zu fragen, woher bezieht er seine Cohibas?
Ach, du weißt!, antwortete Roberto, ich glaube von einer ganz bestimmten Pflanzerfamilie, aber Näheres ist mir nicht bekannt. Er wirkte etwas verlegen.
Teo war im Wagen geblieben. Als Roberto und ich zurückkamen, rauchte er nicht, er schlief einen tabaklosen, gesunden Schlaf, griff aber gleich nach einer neuen Zigarre, als wir ihn weckten.
Zurück nach Pinar del Río. Teo versenkte das Gaspedal, seine Zigarre wippte.
Eile war geboten – die Zigarrenfabrik von Pinar del Río erwartete uns – Compañero Juan hatte nach dem erfolgreichen Taschenkauf alles wohlwollend arrangiert.

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Hotel Los Jasmines - Dekoration im Restaurant

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In der Zigarrenfabrik

Juan empfing uns vor der Zigarrenfabrik in Pinar del Río – gewichtig, charmant und mit blitzenden Augen – er hatte seinen Termin eingehalten, wie versprochen. Teo legte sich im Wagen zur nächsten Ruhe, Roberto ging lieber einen Cafecito trinken und Juan schleuste mich hinein in die Zigarrenfabrik, stellte mich dem lächelnden Direktor vor und wünschte mir viele gute Fotos. Dann war auch er verschwunden.
Ich trat in eine weite, tiefe Halle. Neonlicht. Der Direktor betriebsam an meiner Seite.
Ich blickte auf viele braune Körper in weißen Hemden, emsig arbeitend, kaum einer schaute auf, alle rollten Zigarren anscheinend im Akkord. Es war heiß. Angenehm herber Tabakduft. Schnarrende Mikrofonstimme des Direktors etwa so:

Der compañero Arnulfo aus Alemania möchte sich gerne eure Arbeit hier ansehen. Er wird auch ein paar Fotos machen. Bienvenido!

Aus der Halle lautes allgemeines Klopfen mit den Tabak-Schneidemessers als Begrüßung.
Ich fühle mich angenommen, gehe wohlgemut durch die Reihen der Arbeiter und Arbeiterinnen, sehe, wie sie die Zigarren aus Einzelbättern sorgfältig rollen, schneiden, kleben, das Deckblatt hinzufügen, in Formen pressen und ordnen. Geschäftige Routine, das Schweigen wird mir zunehmend peinlich.
Der aufsteigende Duft des Tabaks ist für mich Raucher allerdings animierend, die Arbeiter scheinen das zu spüren und lächeln, wenn ich in ihre Nähe komme. Sicher nicht ganz alltäglich so ein Besuch, ihre Routine wird aufgewertet, das Alltägliche gewinnt an Wert. Denke ich und nehme mich sicher zu wichtig. Ein Arbeiter, den ich intuitiv für Fotos ausgewählt habe, macht alles in Zeitlupe, begreift sofort meine Fotoabsichten. Leider ist es etwas zu dunkel hier und blitzen möchte ich nicht.
Diese Art des Zigarrendrehens gab es schon seit über einhundert Jahren, wenn nicht schon länger. Erotische Gemüter behaupten, dass Mulattinnen einst die Zigarren auf ihren braunen Schenkeln rollten für den besonderen Geschmack der Zigarren. Männerphantasie.
Eine interessante Spezialität in den Fabriken, auch hier: Ein Vorleser auf erhöhtem Podest an der Vorderseite der Halle las Nachrichten vor, um die Arbeiter zu unterhalten und zu informieren. Anfangs wohl auch, um ihre Bildung zu steigern. Heutzutage wird oft aus der Granma vorgelesen, der offiziellen sozialistischen Tageszeitung, die Nachrichten sind regierungskonform, der Applaus mittels Klopfen mit dem Schneidemesse hält sich in Grenzen, aber er kommt. Wohl auch aus Routine.
Als ich gehe, lautes Klopfen mit den Schneidemessern noch einmal zum Abschied - vielleicht aus Sympathie? Wohl eher aus Höflichkeit.
Ich hebe meinen Arm zum Adiós und sage, wohl etwas zu leise: Gracias!

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Museale Zigarrenschachteln
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