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  < 5  La Habana - Jenseits der Altstadt 7  Tabak zu Füßen der Orgeln und gerollt von fleißigen Händen >  

 

Der Lada flitzt nach Pinar del Río - Teo raucht keine Cohibas

Tags zuvor hatte mir Roberto noch mit gewichtiger Miene zu verstehen gegeben: Mañana! Morgen geht´s los. Sei um acht vorm Hotel. – Sein Mañana erfüllte sich auf kubanische Art tatsächlich, aber erst um zehn.
Ein noch verschlafener Roberto kam ins Foyer und fragte mich mit kleinen Augen: Okay?
Okay, sagte ich, ebenso gesprächig wie er. Vor dem Hotel stand ein grünlicher Lada, meine große Tasche kam hinten rein, die Fototasche nahm ich mit auf den Rücksitz. Roberto stieg vorne ein und sagte: Teo - und nickte mit dem Kopf zum Fahrer, dann nickt er zu mir: Arnulfo.
Damit waren wir vorgestellt. Ich sagte viel zu förmlich: Encantado – Angenehm. Teo lächelte mit einer Gesichtshälfte, nahm die Zigarre mit Schwung aus seinem Mund und blickte mich an: Ah, Arnulfo – schob sie wieder rein, zog daran, stieß grauen Qualm gegen die Windschutzscheibe, drehte den Zündschlüssel und...
kuba-cuba-strasse ... und die Reise ging los.
Ich saß hinten, um bei Fotostopps schnell rechts oder links rauszuspringen. Bis zum Stadtrand von La Habana Schweigen im Lada. Teo hatte nur noch einen Stummel im Mund, zog aber hartnäckig daran. Um die Stille zu durchbrechen, fragte ich den Fahrer nach der Zigarrenmarke:
Cohiba?
No, no, no!! -  Teo war belustigt
Montecristo?
No, no, no!! - Teo lies die linke Hand am Steuer, mit der rechten pflückte er den Stummel aus dem Mund und zeigte ihn hoch: Corriente! No más.
kubaIch verstand. Damit wollte er sagen, dass er eine „gängige“ Zigarre rauchte. Cohiba und Montechristo waren und sind edlere Marken. Fidel Castro rauchte lange Cohibas, bevor er das Rauchen aufgeben musste. Der Name geht auf die Tainoindianer Kubas zurück, der Kopf ihres Häuptlings Hatuey dient als Zigarrenlogo. Er gilt als erster Revolutionär Kubas - gegen die spanische Kolonialmacht. Castro rauchte also symbolisch als neuzeitlicher Häuptling.
kuba-cuba-zigarren-cohibaMit meinen Fragen war das Schweigen gebrochen. Wir redeten über dies und das. Als Teo seine Zigarre endgültig ins Nirwana schickte, merkte ich, dass im Mundteil der Zigarre ein Streichholz steckte. Teo erklärte: Ganz einfach, Arnulfo. Mit den Zähnen auf dem Streichholz wird die Zigarre stabil gerade gehalten, die Lippen brauchen nicht alles zu halten, vor allem beim Anrauchen. – OK, aha, alles klar für mich Zigarrenmuffel.
Teo steckte sich erst einmal keine neue Zigarre an. Konnte er auch nicht, denn das Tempo, das er vorlegte, duldete nicht das Zeremoniell des Zigarre-Anzündens. Um mich nachhaltig beliebt zu machen, bot ich dann beiden eine Zigarette an, eine von denen, die Cowboys paffen. Roberto lehnte lächelnd ab, aber erstaunlicherweise akzeptierte Teo. Ein wirklicher Tabak-Allround-Typ.
Ich wusste, dass ich in der Unterhaltung politische Themen am besten meiden musste. Nur einmal fragte Roberto mich, ob ich denn in Kuba leben wollte.
Nein, sagte ich.
Warum nicht?
Weil ich in Deutschland  mehr verdiene.
OK, sagte er, und die Sonne und die Palmen?
Nützt mir auch nichts, gab ich zurück, wenn ich von ein paar Pesos schlechter leben muss.
Kurzes Schweigen! Beide blickten fast unbeteiligt in die Landschaft. Ah, sagte Roberto dann lächelnd. Teo schien schneller an seiner Zigarre zu ziehen. War da ein leichtes Grinsen? Ich war ehrlich und direkt und das hatten die beiden Kubaner wohl positiv aufgenommen. Ich erinnerte mich an einen Satz von Miguel Barnet in seinem Roman "Alle träumten von Kuba": Der Kubaner verscheißert dich, aber er weiß, wer du in Wirklichkeit bist - dafür hat er Luchsaugen.
kuba-cuba-reiskuba-cuba-bauer-kueheEigentlich wusste ich gar nicht so ganz, wohin genau der Tripp erst einmal ging. An der Landschaft, die an meinen Augen schnell vorbeizog, erkannte ich das nicht. Alles recht lieblich, auch mal ein Reisfeld, Palmen, dazwischen ab und zu die Bohíos, palmzweiggedeckten Hütten der Bauern – Bauern trieben Kühe. Apropos Kuh: Ein Zuchtexemplar mit Namen Ubre Blanca, Weißes Euter, hatte jüngst den Rekord von 107 Liter in vier Melkgängen gebracht - zum Stolz der Kubaner, weshalb auch Fidel kam und sie streichelte. Die Proteinversorgung war wichtig. Jedes Kind sollte seinen Liter Milch pro Tag haben. Das gute Milcheis der Insel hatte ich schon in der Coppelia in La Habana gekostet.

Wir fahren erst einmal nach Pinar del Río, rückte Roberto dann irgendwann heraus. Ins Zentrum des Tabakanbaus.
Gut für Teo und mich, dachte ich, – egal wohl für Nichtraucher Robert.

kuba-cuba-bohiosTabak und Kuba – da muss der Raucher sofort an Columbus denken, der von hier den ersten Tabak nach Europa brachte. Er beobachtete die Medizinmänner der Tainoindianer, die den Rauch durch die Nase einsogen, um den Kontakt zu den Geistern herzustellen. Gespenstisch schnell verbreitete sich das Rauchen in der Alten Welt und unsere heutigen Medizinmänner halten die Raucher eher von allen Geistern verlassen – jedenfalls von den guten.
Ich steckt mir trotzdem eine Zigarre an, kurz bevor wir nach Pinar del Río am Rande des berühmten Tabakgebietes von Kuba kamen. Keine Zigarette – eine Zigarre! Teo hatte mich dazu animiert, er hatte noch zwei übrig, war großzügig und der Nichtraucher Roberto nickte schelmisch:
Pruébalo! – Versuch´s!
Es entpuppte sich als atemberaubender Versuch. Ich musste mich als Mann beweisen, hustend ging ich als Mann unter. Automatisch rauchte ich unvorsichtig auf Lunge, die Lunge wehrte sich. Die beiden prusteten vor Vergnügen. Ich aber hielt durch, den Rest der Zigarre paffend, den beißenden Geschmack ignorierend - ein Rest Männlichkeit war gewahrt.
Als wir vor unserem Hotel in Pinar del Río ankamen, hüstelte ich noch verstohlen. Teo hatte seinen letzte Stummel weggeschnippt und wir bezogen unsere Zimmer. - Morgen sollte es ins Tal von Viñales gehen, landschaftlich eines der schönsten Gegenden Kubas – mit dem besten Tabak Kubas. Viele behaupten, auch der beste Tabak der Welt. Und dann würde ich auch die nicht alltägliche Chance haben, eine Tabakfabrik zu besuchen, vielleicht, ich war gespannt.
An jenem Abend im Hotel machte ich noch eine besondere Erfahrung mit der Mentalität im sozialistischen Kuba. Dazu muss man Folgendes wissen: In den Touristenhotels gab es und gibt es Läden für Touristen und Läden für Kubaner. Touristen mussten (damals) in Dollar zahlen, Kubaner in ihren Läden in kubanischen Pesos. Klar, dass die Waren in den Dollar-Läden besser und vielfältiger waren. Das wussten natürlich auch die Kubaner, die Dollar-Sachen waren begehrt.
Am frühen Abend – ich packte gerade meine Sachen aus und überprüfte meine Kameras - klopfte es. Ein Kubaner stand vor der Tür, der sich als Juan vorstellte. Er war Chef des regionalen Tourismusbüros. Er setzte sich und erzählte über die Region und über den Plan am nächsten Tag. Ein freundlicher Mann. Ich lauschte interessiert. Schließlich fragte er, ob ich ihm nicht eine Tasche aus dem Dollar-Laden besorgen könnte.
Para mi hija – für meine Tochter.
Na klar, beruhigte ich ihn. Er strahlte, als ich die Pesos für die Dollars ablehnte. Tit for tat - so ging das auch im sozialistische Kuba. Verständlich. Jeder streckt sich zur Decke. Meine Besichtigungen liefen wie geschmiert - wären sie sicher auch ohne die Tasche.

 

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